Erbrecht – Rechtstipp & Aktuelles – Juli 2023
Strafe muss sein – aber nicht immer! Dem Oberlandesgericht Frankfurt/Main entschied diesen Fall: Ein Ehepaar hatte ein gemeinschaftliches privatschriftliches Testament verfasst. Darin haben sich beide zu Alleinerben des jeweils Erstversterbenden, die Kinder aus den früheren Beziehungen zu je 1/3 als Schlusserben eingesetzt. Um zu gewährleisten, dass der Nachlass erstversterbenden Ehegatten dem überlebenden nach Möglichkeit erhalten bleibt, wurde eine Pflichtteilsstrafklausel in das Testament aufgenommen. Danach sollte dasjenige Kind, welches einen Pflichtteil nach dem Tod des Erstversterbenden beansprucht und erhalten hat, beim Tod des zuletzt Versterbenden vom Schlusserbe ausgenommen sein. Zuerst verstarb der Ehemann. Nach seinem Tod hat eine seiner Töchter den Pflichtteil beansprucht. Nach dem Tod der Ehefrau hat die 2. Tochter des Ehemannes und die Tochter der Ehefrau einen Erbschein beantragt, indem sie beide zu 50 % als Erbinnen hervorgehen sollten. Dem hat das Oberlandesgericht eine Absage erteilt. Der Pflichtteil nach dem Tod des Vaters war zwar praktisch „0“, es floss kein Geld. Ein ins Leere gehender, wertloser Pflichtteil löse nicht die Sanktionswirkung der Pflichtteilsstrafklausel aus. Folglich wurden alle 3 Töchter Erbinnen zu je 1/3.