Erbrecht – Rechtstipp & Aktuelles – September 2022
Erbschaftssteuer adé bei unzumutbarer Selbstnutzung des Familienheims. Der Verlust eines geliebten Ehepartners bringt es nicht selten mit sich, dass der oder die Überlebende die gewohnte Umgebung in der ehemals gemeinsam bewohnten Immobilie als unerträglich empfindet. Verschlimmert sich hierdurch zum Beispiel eine bereits vorhandene depressive Erkrankung in der Weise, dass der eigene Haushalt nicht mehr geführt werden kann, empfehlen Ärzte häufig und dringend Auszug und Veränderung. Muss dann Erbschaftssteuer gezahlt werden? Nach § 13 Abs. 1 Nr. 4b ErbStG setzt eine Steuerbefreiung von der Erbschaftssteuer im Erbfall nämlich voraus, dass der Erbe/die Erbin mindestens 10 Jahre das geerbte Familienheim selbst nutzt. Anders zu beurteilen ist das, wenn man aus „zwingenden Gründen“ hieran gehindert ist. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat – entgegen dem erstentscheidenden Finanzamt und dem Finanzgericht – klargestellt, dass ein solcher zwingender Grund nicht nur im Falle einer Unmöglichkeit der Selbstnutzung vorliegt. Vielmehr ist ein solcher Fall auch dann anzunehmen, wenn der Erbe / die Erbin durch den Verbleib im Familienheim erhebliche gesundheitliche Beeinträchtigungen erleidet und deshalb z.B. in eine Eigentumswohnung zieht.