Erbrecht – Rechtstipp & Aktuelles – Juli 2021
Reicht eine Fotokopie des Testamentes für die Erbscheinserteilung? Handschriftliche Testamente werden häufig „in den eigenen vier Wänden“ aufbewahrt. Im Erbfall ist es häufig nicht mehr auffindbar. Oft hat der Erblasser eine Kopie dem besten Freund ausgehändigt. Im Erbfall stellt sich die Frage, ob bei Nichtauffindbarkeit des Originaltestaments aufgrund der Fotokopie ein Erbschein beantragt werden kann. Im Erbscheinverfahren ist die Gültigkeit des Testamentes von Amts wegen zu prüfen. Die Beweislast für die formwirksame Errichtung eines handschriftlichen Testamentes trägt der Antragsteller mit der Folge, dass bei nicht aufzuklärenden Zweifeln an der Gültigkeit des Testamentes der Erbscheinerteilungsantrag abgewiesen werden muss. Ist die Vorlage des Originaltestamentes nicht möglich, so darf der im Testament Bedachte auf andere zulässige Beweismittel – wie Zeugen oder Vorlage einer Ablichtung der Originalurkunde – zurückgreifen. Für die Wirksamkeit einer letztwilligen Verfügung kommt es also nicht auf den Fortbestand der Urkunde an. Eine letztwillige Verfügung, die ohne Willen des Erblassers verlogen ging, vernichtet oder aus sonstigen Gründen nicht auffindbar ist, bleibt grundsätzlich gültig, so das OLG Hamburg im Jahre 2019.